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FILM

Drehbuchschreiben und KI

von ANNA LEAH BOLLN am 11.12.2024

3 Fragen an

P. Lüschow & T. Körner, Bereichsleitung Drehbuch Filmstudium.

Künstliche Intelligenz ist spätestens seit der Einführung von Chat GPT eine bekannte Unterstützung in der Medienwelt geworden. Seitdem stellt sich jedoch die Frage, inwiefern KI die zukünftige Arbeitswelt beeinflussen und verändern wird. Vor allem die Medienbranche und auch die Filmwelt müssen sich immer mehr mit den Fragen rund um KI auseinandersetzen. Zum einen, wie die Vorteile der KI genutzt werden können, um Arbeitsprozesse zu erleichtern und die Kreativschaffenden in ihren künstlerischen Prozessen zu unterstützen. Zum anderen jedoch auch, inwiefern die rasante Entwicklung dieser Technologie das freie geistige Schaffen von Künstler:innen gefährdet. Unsere Studierenden werden mit Seminaren zu dem Thema auf die Zukunft der Medienbranche vorbereitet und lernen verschiedene KI-Tools und den Umgang mit ihnen kennen. Genauso sehen auch Petra Lüschow und Toks Körner, die das Drehbuchstudium des Filmstudiums an der HMS leiten, KI nicht nur als Recherchetool oder Präsentationsmittel, sondern auch als Gefahr für ihre Arbeit als Drehbuchautor:innen. Die beiden haben unsere Fragen zum Thema KI im Drehbuchschreiben beantwortet.

Inwieweit hat KI schon jetzt Eure Arbeit als Drehbuchautor:innen verändert?

Petra: Da ich vor allem im Arthousebereich arbeite, bin ich bisher noch nicht direkt betroffen. Auch die Firmen, mit denen ich sonst arbeite, nutzen KI eher für ihre Präsentationen denn in der Stoffentwicklung. Ich selbst habe es ein paar Mal ausprobiert, um es kennenzulernen, mag aber den Stil von ChatGPT, um ein Beispiel zu nennen, nicht besonders. Bisher ist auch noch offensichtlich, dass die KI Stereotype reproduziert. Sie ist bisher nicht in dem Sinne kreativ, wie es ein Mensch mit einer offenen Haltung, einer tiefen, emotional reifen Verbindung zum Leben und zu anderen Menschen ist, es wird auch Felder geben, wo sie das nie sein wird. Die Frage wäre dann, ob wir das in dem Fall noch unterscheiden können, weil uns selber das tiefere Verständnis abgehen wird, was unsere sinnliche, kreative und emotionale Kompetenz angeht. Wir sind kulturelle Wesen, jede Innovation verändert uns, unser Selbstverständnis und unseren potenziellen Zugang zu uns und unseren Ressourcen. Bei technischen Innovationen nicht unbedingt zum Positiven.


Toks: Meine Arbeit als Drehbuchautor wird durch die KI nur indirekt beeinflusst. Ich nutze die Open AI Sources vor allem für die Recherche.

Denkt Ihr, dass KI das Drehbuchschreiben verbessern oder erleichtern kann? Inwiefern? Welche Chancen seht ihr in der Verwendung von KI?

Petra: Es kann wie ein/e Dialogpartner:in durchaus von Vorteil sein. Mit den richtigen Prompts zu arbeiten, erleichtert die Reflexion, den Stoffentwicklungsprozess, aber auch hier arbeite ich immer noch lieber mit Kolleg:innen zusammen, das macht das Leben erstens schöner, es schafft Verbindung, menschlich und emotional. Drehbuch-KIs überbieten jetzt schon Autor:innen bei der Entwicklung. Überschätzen sollte man das Tool jedoch nicht. Innovation, Subversion und andere Aspekte sind stark an Menschen, ihre Haltungen, ihre Perspektiven und die Gegenwart ihrer Erfahrungen geknüpft. Mittelfristig wird es vor allem das konventionelle Erzählen fundamental verändern und Kreativfelder für Autor:innen ausdünnen und die Macht zugunsten der Produzent:innen verschieben. Es gibt den wichtigen Satz, dass technische Innovationen auf kurze Sicht überschätzt und auf längere Sicht unterschätzt wird. Wenn wir als Drehbuchautor:innen von der KI ersetzt werden, werden Aspekte wie die in der Frage aufscheinen hinfällig. Das verweist sicherlich auf die Hauptgefahr, die von ihr ausgeht. Ich tendiere eher dazu, meine Arbeiten nicht der KI zum Training zur Verfügung zu stellen.


Toks: Wir stehen in der Branche vor einem ähnlichen Wandel, wie die Musikindustrie in den Achtzigern/ Neunzigern stand. Zu dieser Zeit der Digitalisierung wurden Musiker, die ihr Handwerk über Jahre perfektioniert haben, durch Computerprogramme ersetzt. Das führte zu einer Depression und ermöglichte auf der anderen Seite einen Aufschwung der E-Musik. Aber auch zu einer Dezentralisierung der Machtverhältnisse in der Branche. Das steht uns nun auch bevor. Inwieweit die KI unsere Branche positiv beeinflusst, wird sich noch zeigen. Ich persönlich stehe der Entwicklung skeptisch gegenüber.

Der Begriff der KI wird in unterschiedlichen Kontexten sehr unterschiedlich verwendet. Während die meisten User die KI nur als ein Tool betrachten, das aus dem Pool an Kreationen schöpft, die wir als AutorInnen geschaffen haben, warnt der „Vater der KI“ Goeffrey Hinton davor, diesen Weg so vorurteilsfrei weiter zu gehen. Er spricht davon, dass die KI bereits ein Bewusstsein entwickelt hat, das dem menschlichen in nichts nachsteht. D.h. die KI lernt und studiert die menschliche Psyche. Sie kann Geschichten kreieren, die die menschlichen Emotionen ansprechen und manipulieren können. Die Gefahr ist äußerst real, dass wir in weniger als zehn Jahren in der Kunst des Storytellings ersetzt und übertrumpft werden. Dann bezieht sich der Einfluss der KI nicht mehr auf reines Reproduzieren und Verdichten, sondern auf Kreieren.

Wie bereitet Ihr Eure Studierenden auf den Einsatz und die Veränderungen durch KI vor?

Petra: Ich versuche mich in Form von Fortbildungen ebenfalls weiterzubilden. Ich denke, dass wir den Einsatz regulieren müssen, erstens um unsere Urheberrechte, Unabhängigkeit und geistige Integrität zu schützen, zweitens, weil die Entwicklung sich so rasant beschleunigt und damit sicher noch mehr bedroht als unsere Arbeitsfelder.


Toks: Ich stehe der Entwicklung höchst skeptisch gegenüber. Wir bleiben mit den Studierenden im Austausch und müssen uns auf die grundlegenden Werte verständigen, die uns als Menschen und erschaffende Wesen ausmachen.

Fakt ist: Unser Arbeitsalltag wird sich nachhaltig verändern. Wer lernen möchte, wie KI effektiv genutzt werden kann, sei es im Marketing, in der Content-Erstellung oder in der Entwicklung von Produkten. Die Hamburg Media School greift dieses Thema vielfältig im Curriculum auf und bietet Seminare zum Thema KI an.