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Leaving the comfort zone – Sechs Monate Vorbereitung für drei Monate Tel Aviv

von TIMON TYZLER am 11.01.2022

Timon Tyzler studierte im fünften Term an der Coller School of Management in Tel Aviv, Israel und erlebte dort eine sonnige und Covid-freie Zeit, die allerdings ihren Preis hatte.

Levinsky Street

Levinksy Street in Tel Aviv

Zunächst einmal: Warum hast du dich für diesen Titel entschieden?
Mich zieht es immer wieder in fremde Länder und zu anderen Kulturen. Nach meinem Jahr als Junior-Botschafter in Portland, Oregon (USA) dachte ich eigentlich, dass die Vorbereitungen für drei Monate Israel verhältnismäßig gering sein würden. Damit lag ich gehörig falsch. Ich weiß nicht, wie ich auf die Idee kam, in einem Land studieren zu wollen, das seine Grenze während der Pandemie regelmäßig öffnet und genauso spontan wieder schließt. Die Kommunikation mit der Coller School of Management begann im Januar, abgeflogen bin ich im September, und mein Visum kam mit der letzten Post an einem Samstag, 12 Stunden vor Abflug. Nicht zu vergessen, dass während der Vorbereitung der Nahost-Konflikt wieder aufflammte.

Panorama

Tal Aviv - Stadt am Meer

Hat sich die Arbeit denn gelohnt?
Zu 100%! Wer während der Pandemie in ein Land geht, wo die Hürden für eine Rückreise nach Deutschland im Zweifel höher sind als in Europa, der trifft dort an der Uni auf andere Studierende, die ähnlich hart für ihre Einreise gekämpft haben. Ich hatte eine super Zeit mit Kommilitonen und Kommilitoninnen, die sich nach dem Aufwand umso mehr darüber freuten, endlich dort sein zu dürfen. Es war schön zu sehen, wie dieser individuelle aber irgendwie doch auch gemeinsame Aufwand sich ausgezahlt hat und die Gruppe motivierte, die Zeit vor Ort möglichst effizient zu nutzen. Reisen und Studium waren keine Gegenspieler. Wir fuhren teilweise mit unserer Arbeitsgruppe am Freitag durch das ganze Land, nur um am nächsten Tag tauchen gehen zu können. Auf der Rückreise samstagnachts wurde im Auto gearbeitet (oder geschlafen). Auch hatten wir durch die besondere Situation das Glück, die einzigen Touristen und Touristinnen im Land sein zu dürfen. Umgeben von lediglich Israelis mussten wir nie irgendwo lange anstehen, fielen oft sofort auf, und lernten dadurch schnell Menschen kennen, mit denen wir uns austauschten.

Desert

Die Negev Wüste im Rücken

Wie war der Uni-Alltag an der Coller School of Management?
Die Coller School ist die Business-Fakultät der Tel Aviv University. Die Universität und ihr Campus sind mit 30.000 Studierenden sehr groß, wohingegen das MBA Exchange der Coller School familär ist. Wir waren dieses Jahr fast 40 Studierende aus dem Ausland, die sich unter die knapp 1000 MBA-Studierenden aus allen Jahrgängen gemischt haben. In den Kursen waren wir dann jeweils zwischen 20 und 60 Teilnehmer und Teilnehmerinnen.
Im Gegensatz zu Deutschland finden die Vorlesungen häufig am Nachmittag und in den frühen Abendstunden statt. Gesprochen wird Englisch, allerdings sind auf dem Campus (z.B. im Café) rudimentäre Hebräisch-Kentnisse schon von Vorteil.
Ich hatte mich für Kurse aus vier Bereichen entschieden: Blockchain Foundations, Leadership, Entrepreneurship und Management of Teams. Qualitativ kann ich alle empfehlen, die Herangehensweise war in jedem Kurs jedoch eine ganz andere. Grundsätzlich ist die Fakultät für ihren Gründungsgeist bekannt und rangiert auch in internationalen Rankings auf den vorderen Plätzen.

Checkpoint building

Moderner und grüner Campus der Tel Aviv University

Was hat dich am meisten begeistert?
Zwei Dinge haben mich nachhaltig beeindruckt:

1. Das Essen! Klassisch israelische Gerichte gibt es als solche nicht, da die Levante-Küche aus dem ganzen arabischen Raum stammt (Israel, Syrien, Jordanien, Libanon, etc.). Das macht sie aber auch so gut. Ich hatte das Gefühl, dass alles, was man an Essen bestellen kann, bereits eine Art „Best-Of“ ist. Oft wird geteilt. Mezze ist dafür das Stichwort: Falafel, Taboulé, Shakshuka, Sabich, und natürlich Hummus in allen Varianten. Zudem hat jede Region ihre eigenen Finessen. Das Hummus schmeckt in Tel Aviv anders als in Jerusalem und wiederum anders als in den palästinensischen Autonomiegebieten. Dadurch, dass Tel Aviv aktuell die teuerste Stadt der Welt ist, kann gutes Street Food auch deutlich günstiger sein als selbst zu kochen.

2. Die Lockerheit! Uns wurde schon in der Einführungswoche erzählt, dass Gesetze vor Ort eher als Empfehlungen verstanden werden und grundsätzlich alles diskutabel ist. Das spiegelte sich meiner Meinung nach auch im Alltag wieder. Menschen waren im Umgang miteinander entspannter, auch wenn mal ein Unfall passierte. Es gab keine Hürden, um mit Personen in Kontakt zu treten und jeder und jede half gerne beim Vorstellen. Auch konnte man von der Polizei einen Strafzettel bekommen und gleichzeitig von den Beamten zum klassischen Shabbat-Dinner eingeladen werden.

Jaffa

In den Straßen von Jaffa (Yafo)

Wie würdet du Tel Aviv beschreiben?
Es ist ein Bubble, aber eine schöne. Tel Aviv repräsentiert keineswegs das Land Israel. Genauso wenig wie Berlin für Deutschland oder New York City für die USA steht. Oft habe ich den Vergleich des „kleinen Berlins am Meer“ gehört. Der Strand prägt definitiv die Stadt. Die Menschen sind entspannt und sitzen bis nachts in Cafés und Restaurants. Die Clubszene ist divers und der Mix aus moderner Architektur, Bauhaus-Stil und 60er-Jahre-Bau prägt die Metropole. Es gibt definitiv viel zu entdecken.

Beach 1

Sonnenuntergang am Frishman Beach