Die wunderbare Welt von Shinjuku
Tokyo- der 35 Millionen Einwohner Gigant hat uns seit vier Tagen fest in seinem Griff. Zeit ein kleines Résumé zu ziehen. Doch es fällt schwer diese quirlige, grell-bunte Stadt in Worte zu fassen.
Was natürlich als erstes auffällt sind die unglaublichen Menschenmassen, die hier täglich durch die Straßen wuseln. In der Rushhour überquert ganz München stündlich die Shibuya Kreuzung. Ein durchschnittliches Ein-Zimmer-Apartment hat 15 Quadratmeter und in der völlig überfüllten Bahn ist man sich so nah, dass man sein Gegenüber ohne größere Bemühungen küssen könnte. Ein weiteres unverkennbares Merkmal sind die vollgestopften, grell pink- grün- gelben Werbeplakate und Schaufensterscheiben. Für das deutsche ungeübte Auge eine ziemliche Reizüberflutung. Überall riecht es nach frisch zubereitetem japanischen Köstlichkeiten. Meerestiere schwimmen in großen Becken herum um vor den Augen des Gastes herausgefischt und in den Wok geworfen zu werden. Doch trotz all diesen Gewusels herrscht in Tokyo eine erstaunliche Ordnung. Weit und breit ist kein Müll zu entdecken und die Straßen sind blitzblank. Zwischen Wolkenkratzern blühen hohe Bäume und die Parks sind dicht bewaldet. Wir wohnen in Shinyuku, einem lebhaften Viertel mitten in der Bar- und Restaurantszene. Quasi gegenüber reihen sich Sushi Restaurants und kleine japanische Pubs aneinander.
Nachts pilgern wir ins Golden Gai, ein Viertel voller 10 Quadratmeter großer Bars- eine verrückter als die nächste. Die winzigen Pubs reihen sich Tür an Tür, sind vollgehängt mit irrer Deko, völlig verraucht und locken mit lauter Musik. In der einen Bar bedient uns ein als Captain Jack Sparrow verkleideter Asiate, in der nächsten eine zierliche Japanerin, die es sich nicht nehmen lässt einen Sake nach dem anderen einzuschenken. Ein Stadtteil, der für alle gleichermaßen beeindruckend wie verstörend ist, ist Electric City Akihabara. Dieses Viertel ist Elektronikmeile, Otakutreffpunkt und eine bunte Spielwiese für alle Anime- und Manga- Fans. Die achtstöckige Sega World ist bis zum Rand vollgestopft mit Manga Merchandise Produkten, Kostümen, Puppen und pornografischen Komiks. Die teilweise devote Haltung der japanischen Frauen hier hinterlässt bei vielen von uns einen bitteren Nachgeschmack und wirft auch mal ein ganz anderes Bild auf diese schillernde Metropole. Zwei Tage bleiben uns noch um so viel wie möglich von dieser beeindruckenden Stadt aufzusaugen. Denn selbst nach einigen Tagen hat man das Gefühl nur einen Bruchteil von Tokyo gesehen zu haben, das einen immer wieder aufs neue überrascht.