Die digitalen Herausforderungen einer (Lokal-)Redaktion geht DJ-Alumnus Christoph Käfer jetzt als kommissarischer Redaktionsleiter und Changemanager Digitale Transformation der Cuxhaven-Niederelbe-Verlagsgesellschaft an. Dabei kümmert sich der DJ-Alumnus um die Lokalredaktion der Cuxhavener Nachrichten und Niederelbe Zeitung. Hier stellt er sich den schwierigen und zugleich spannenden Aufgaben des digitalen Wandels, optimiert redaktionelle Prozesse und Formate Richtung Digitalisierung. Im Interview erzählt er uns von seinem Arbeitsalltag.
Christoph, du bist Changemanager in eurer Redaktion. Wie sieht dein Alltag aus?
Christoph Käfer: Über mangelnde Auslastung kann ich derzeit nicht klagen. Wir haben mehrere Baustellen, an denen wir arbeiten. Gerade in meiner Funktion als kommissarischer Redaktionsleiter bin ich in erster Linie bei den Change-Prozessen in der Redaktion involviert. Wir wälzen als kleines Medienhaus gerade den ganzen Workflow von „Print zu Online“ komplett um. Wir wollen diverse Planungsprozesse oder auch ganze Tätigkeitsbereiche deutlich effizienter gestalten und ressourcensparender arbeiten. Dabei müssen wir unsere Redakteure und Volontäre auf dem Weg der Digitalisierung mitnehmen. Außerdem gilt es zu prüfen, ob diese Prozesse und Arbeitserleichterungen dann auch mehr und bessere Inhalte bereitstellen können, um dann letztlich neue Nutzer und am besten auch neue Abonnenten zu gewinnen.
Ihr wollt also in erster Linie die Digitalisierung nutzen, um Prozesse zu vereinfachen, die Arbeit zu erleichtern, aber letztendlich auch um neue Erlösmodelle zu generieren?
Christoph: Das Ziel sämtlicher Aktivitäten ist natürlich, ganz plump gesagt, den Laden am Leben zu halten. Das im Print funktionierende Geschäftsmodell eins-zu-eins ins Digitale zu transportieren, klappt natürlich nicht. Darum müssen wir überlegen und prüfen, wie wir uns dort aufstellen, um erfolgreich am Markt agieren zu können. Schließlich werden wir daran gemessen, wie viele Online-Abos abgeschlossen wurden und ob eine Tendenz erkennbar ist, wie viel wir an Reichweite zugelegt haben.
Welche Entwicklung oder welchen Trend in der Zeitungsbranche findest du gerade besonders interessant?
Christoph: Es ist hin und wieder ganz gut, wenn man mal einen Schritt zurückgeht, aus dem Alltagsstress heraustritt und sich dann überlegt, was aktuell spannend ist, um damit zu arbeiten. Gerade ist künstliche Intelligenz ein großes Thema und auch etwas, das uns hier umtreibt. In diesem Zusammenhang könnten wir als Redaktion beispielsweise fragen: Ergibt es für uns Sinn, auf künstliche Intelligenz, also einen Roboter zurückzugreifen, um simple Inhalte zu produzieren, damit sich kein hoch qualifizierter und gut bezahlter Redakteur damit zu beschäftigen braucht? Dieser kann sich in der Zeit dann komplexeren Themen widmen. Aktuell arbeiten wir aber zum Beispiel auch mit einigen externen Partnern daran, einen sogenannten Artikelscore zu initiieren. Das gibt es zwar schon bei anderen Zeitungen, aber wir wollen das Ganze jetzt als Live-Score erarbeiten, also einen Algorithmus schaffen, der sämtliche Inhalte nach von uns zusammen gestellten Parametern trackt und in einer Live-Version zeigt, was davon gerade gut und was weniger gut im Netz läuft.
Das klingt auf jeden Fall spannend! Wenn wir jetzt einmal auf dein Studium an der HMS kommen: Welches Seminar würdest du Studierenden besonders ans Herz legen?
Christoph: Zum Beispiel Changemanagement – klar, das sind jetzt natürlich auch meine aktuellen Aufgabenstellungen, aber das Seminar war sehr spannend! Extrem weiter hilft mir bei meiner Arbeit auch das Seminar zum Prozessmanagement in Redaktionen, also das Denken in Prozessen; aber auch von dem Seminar Digitales Medienrecht habe ich stark profitiert, weil das manchmal dann doch gar nicht so trivial ist. In vielen Seminaren tauchte das Thema Digitale Geschäftsmodelle auf. Es ist zwar jetzt keiner von uns Studierenden rausgegangen und hat DIE zündende Idee gehabt, ein paar Millionen Euro gescheffelt und kann sich jetzt auf Sansibar am Strand sonnen, aber allein diese Inhalte im Studium haben dazu geführt, dass ich dadurch viel betriebswirtschaftlicher denke. Es geht nicht nur um den besten Content und die größte Reichweite, sondern auch um die Wirtschaftlichkeit einer Redaktion beziehungsweise eines Verlags. Wie kann ich redaktionelle Belange mit ökonomischen Aspekten zusammenbringen? Ich bin deutlich pragmatischer und weniger dogmatisch geworden, was wirklich positiv gemeint ist. Denn ich habe festgestellt, dass es nichts bringt, wenn ich ein Top-Journalist bin, mich und meine Inhalte aber nicht selbst vermarkten kann.
Du hast selbst das DJ-Studium bei uns absolviert und jetzt eine Volontärin aus deiner Redaktion an die HMS geschickt. Was war die Motivation?
Christoph: Wir haben festgestellt, dass der Fachkräftemangel, der deutschlandweit ja in vielen Branchen Einzug gehalten hat, auch weder vor unserem Standort in Cuxhaven noch vor der Medienbranche haltmacht. Bis einschließlich vergangenes Jahr war es noch so, dass wir kaum Probleme hatten, geeignete Volontäre zu finden. Das hat sich nun massiv gewandelt – trotz verschiedener Marketingmaßnahmen. Wir haben kritisch hinterfragt, inwiefern wir das Volontariat eben auch der digitalen Transformation zeitgemäßer anpassen und dabei aufwerten können. So können wir gegenüber anderen Wettbewerbern einen Mehrwert bieten. Durch meine eigenen Erfahrungen als DJ-Student wusste ich, wie gut man nach dem Studium als Journalist aufgestellt ist. Ich habe die Idee dann vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels und als Verbesserung des Volontariats in das Unternehmen hineingetragen. Das hat schnell Anklang gefunden, und dann haben wir gesagt: Das sollten wir auf jeden Fall anbieten, da wir glauben, dass das eben für alle Beteiligten eine Win-Win-Situation sein kann.