Dr. Christian Fahrenbach ist freier Journalist in New York, arbeitet unter anderem für die dpa und Krautreporter. Außerdem ist er Dozent an der Hamburg Media School. In seinem Seminar im Masterstudiengang Digitaler Journalismus beschäftigt er sich mit der Publikumsforschung und Publikumsorientierung. Er ist ein Experte auf dem Gebiet der Zielgruppen und Communitys. Im Interview gibt er einige Tipps für alle, die überlegen, wie sie ihr eigenen Angebot ausrichten oder ausbauen.
DJ-Dozent Dr. Christian Fahrenbach über Zielgruppen: So findest du deine Community
Eine Zielgruppe zu haben bedeutet, sich und seinen Inhalt an einem Kreis von Menschen auszurichten.
Um die Zielgruppe für ein Produkt oder Format zu finden, muss man einen Kreis von Menschen definieren, für den man schreibt. Dafür stellt man sich die Frage: Für wen möchte ich arbeiten? Eine Zielgruppe lässt sich durchaus freiwillig wählen. Journalist:innen und Content-Creator:innen können sich somit aussuchen, für wen sie ihre Inhalte produzieren möchten. Wichtig ist dabei aber, die Zielgruppe zu definieren und zu kennen.
Eine exakte Definition der Zielgruppe bedeutet, die Menschen darin genau zu kennen.
Journalist:innen und Content-Creator:innen bestimmen ihre Zielgruppe selbst, aber die genaue Definition ist wichtig für die weitere Arbeit. Es gibt Methoden, die Zielgruppe einzugrenzen – etwa nach Alter, Interessen, Wohnorten und ähnlichem. Im besten Fall setzt sich die Zielgruppe aus mehreren dieser Merkmalen zusammen. Ein Beispiel: Du willst einen Newsletter für junge neuzugezogene Eltern in einem Bremer Vorort machen. Dann weißt du, wie alt deine Zielgruppe ist, dass sie gerade umgezogen ist, dass sie in einem neuen Ort wohnt, wie der Ort heißt und was es dort gibt, wo sie sich wahrscheinlich aufhält (Spielplätze, Freizeitaktivitäten) und welche möglichen Probleme es dort gibt (Kita-Plätze, Schule, mangelnde Einkaufsmöglichkeiten, kaum ÖPNV). Du weißt also sehr viel über deine Zielgruppe und kannst entsprechend mit ihr in den Austausch gehen.
Die Zielgruppe sollte möglichst eng gefasst sein.
Wer Content für eine bestimmte Personengruppe erstellt, sollte wissen, was diese Menschen konsumieren wollen. Je enger die Zielgruppe gefasst wird, desto besser lassen sich Themen setzen. Wer seine Zielgruppe kennt, kann die Bedürfnisse exakt abbilden. Dies stärkt die Loyalität der Community zum Produkt oder Format. Je besser die Menschen angesprochen werden, desto eher werden sie beispielsweise für Inhalte bezahlen.
Die Zielgruppe kann sich auch entlang der eigenen Interessen bewegen.
Um eine Community nachhaltig aufzubauen, braucht es viel Motivation. Es ist Langstrecke. Der Erfolg stellt sich nicht von jetzt auf gleich ein, sondern benötigt eine Kontinuität in der Produktion. Dieser lange Atem ist im Idealfall von Spaß getrieben oder zumindest begleitet. Das erleichtert die Arbeit am Produkt und mit der Zielgruppe. Wer über eigene Interesse schreibt, bleibt leichter am Ball.
Erst muss man die Bedürfnisse der Zielgruppe klären, dann sucht man den Kanal.
Wer seine Zielgruppe wie oben beschrieben definiert, weiß auch viel über das Nutzungsverhalten der Personen. Es gilt also die Regel: erst die Bedürfnisse kennen, dann die Plattform oder den Kanal auswählen. „Ich möchte einen Podcast produzieren und schaue jetzt, wie ich das anstelle“ funktioniert meistens nicht.
Technologie schafft neue Möglichkeiten des Austausches mit der Zielgruppe.
So wichtig wie der Content selbst ist auch der Dialog mit dem Publikum. Die Plattformen bringen neue Möglichkeiten, mit der Zielgruppe zu interagieren. Journalist:innen, Content-Creator:innen und Redaktionen sollten alle Mittel nutzen, in den Dialog mit der Zielgruppe zu treten. Den Nutzer:innen zuzuhören ist das A und O.
Der Dialog mit der Community ist Arbeit.
Den Austausch mit den Nutzer:innen braucht es für ein gutes Produkt, doch das kostet Zeit. Diesen Aufwand sollten Journalist:innen und Content-Creator:innen gerne betreiben, denn nur im Austausch mit der Zielgruppe wissen sie, was die Menschen hören, lesen oder sehen wollen. Mit Blick auf die Zukunft des Journalismus werden diese Jobs immer wichtiger werden – vielleicht sogar wichtiger als die reine Content-Produktion.
Journalist:innen können die Partner ihrer Zielgruppe werden.
Als Journalist:innen und Content-Creator:innen wollen wir mit unseren Inhalten das Leben der Menschen besser machen – und darum sollten wir zum Partner unserer Community werden. Wir brauchen keine neue Community aufbauen, sondern können bereits bestehenden helfen, sich noch besser zu vernetzen. Dafür müssen wir dort sein, wo die Menschen sind, die wir ansprechen wollen.
Eine strategische Planung ist wichtig für den Erfolg.
Wer seine Zielgruppe definiert hat und die Community langsam aufbaut bzw. findet, der sollte von Anfang an strategisch und operativ planen – das heißt: die Produktion der Inhalte muss genauso durchdacht sein wie die Strategie der Distribution und des Vertriebs dahinter. Die richtige Strategie ist für den Erfolg des Produkts oder Formats bedeutend, wenngleich diese immer wieder im Fluss sein sollte, um sie neuen Gegebenheiten anzupassen.
Wer mehr über das Seminar und das Studium an der HMS erfahren möchte, klickt hier. Noch bis zum 15. Juli 2023 läuft die Bewerbungsfrist für den neuen Jahrgang, der im Herbst 2023 startet.