Dr. Jutta Rossellit studierte Literaturwissenschaft, Politikwissenschaft und Medienwissenschaft und promovierte mit einer Arbeit über die Literarische Moderne. Nach einigen Jahren an der Universität wechselte sie zum Journalismus und gründete den bunkverlag für Kulturmedien, dessen Print+Online-Redaktion sie aufbaute und leitet. Als zertifizierter Business Coach begleitet Dr. Rossellit junge Führungskräfte aus kreativen Arbeitsbereichen bei Berufsplanung und beruflichen Veränderungsprozessen. Seit langem ist sie als Dozentin tätig und unterrichtet regelmäßig an Akademien, Hochschulen und Universitäten.
Wie bist du auf die Idee gekommen, einen eigenen Verlag zu gründen?
Zusammen mit anderen habe ich eine Leerstelle in der Kulturkommunikation ausgemacht: Es gab zu der Zeit das E-Kultur-orientierte Feuilleton und natürlich diverse Spartenmedien, aber kein Medium, das die Vermittlung der etablierten Kultur und der populären – heute sagen wir – urbanen Kultur miteinander verbunden hätte. Inzwischen sind wir seit 25 Jahren am Markt, und man kann sagen: Unser Magazin "kulturnews" hat die Kulturkommunikation in Deutschland verändert. Kultur ist keine Nische mehr, sondern hat in jedem Medium seine Rolle. Und bei uns spielt Kultur nach wie vor die Hauptrolle.
Was braucht es für die Verlagsgründung? Ausreichend Startkapital? Ein gutes Netzwerk?
Das Wesentliche ist – wie bei jedem Start-up – die Tragfähigkeit der Idee. Heute ist das Gründen ja etwas durchaus Übliches; es steht ein großes Netzwerk bereit, das vom Businessplan über Finanzierungs- und Förderungsmöglichkeiten bis hin zum Storytelling berät und begleitet. Als wir damals mit der Gründungsidee nach außen gingen – auf die Bank, zum Steuerberater, zur Notarin, an die Öffentlichkeit – wurden wir als ziemlich exotisch wahrgenommen aber tatsächlich auch als Vorreiter erkannt. Diese Erfahrung gehört bis heute zu unserer Businessgepflogenheit: unerschrockenheit, gepaart mit Innovationsgeist und dem kontinuierlichen Überprüfen der Marktsituation.
Was sind die Erlössäulen des Verlags? Spielt Print noch eine Rolle?
Print war nie weg. Natürlich verändert sich der Bereich in der digitalen Transformation immens – immens schnell und immens widersprüchlich (was auch an seiner Größe und Komplexität liegt). Wir kennen alle die Wachstumsbeispiele aus den Bereichen Magazin und Wochenzeitung. Im bunkverlag ist es so, dass die digitalen Erlöse die Gewinne inzwischen erfreulich ergänzen.
Und die Digitalisierung? Wie „digital“ sollte ein Verlag heute aufgestellt sein?
Kann man nicht pauschal beziffern; digital genug für seine jeweiligen Zwecke.
Wie habt ihr die Corona-Pandemie bislang zu spüren bekommen? Was hat sich seitdem geändert?
Jede Kulturkommunikation hängt am Tropf der Kultur, deshalb trifft die Cancel-Culture auch uns. Aber solange es kulturelle Produkte und Ausdrucksformen gibt, werden wir diese verlässlich kommunizieren, begleiten, hinterfragen und bewerten. Neu ist, dass wir unsere Aufgabe in der gegenwärtigen Situation ganz klar nicht nur feuilletonistisch verstehen. So haben wir der Kulturbranche unter dem Hashtag #KulturTrotztCorona ein Podium auf kulturnews.de angeboten, wo Kulturschaffende aller Bereiche kommunizieren konnten: Was bedeutet ihnen Kultur? Vor dem Hintergrund ihrer akuten existenziellen Bedrohung genauso wie vor dem der gesellschaftlichen Notwendigkeit? Da geht es nicht zuletzt auch darum, die Hilfsmaßnahmen unter die Lupe zu nehmen. Aktivitäten wie diesen Dialog führen wir natürlich weiter.