Klaus Weinmaier blickt auf mehr als 20 Jahre Medienerfahrung – von Strategie- über Produkt- bis Contententwicklung. Der neue Beirat im Journalism Innovators Program ist ein Kenner in Sachen Innovation. Und genau darüber haben wir mit ihm gesprochen. Er hat uns verraten, wie eine sinnvolle und funktionierende Monetarisierung journalistischer Inhalte gelingen kann und was ein gutes Produkt ausmacht.
WEITERBILDUNG / MEDIA INNOVATION PROGRAM
"Eine funktionierende Monetarisierung ist die direkteste Verbindung zu Nutzer*innen"
Klaus Weinmaier, was bedeutet für dich Innovation im Journalismus?
Klaus Weinmaier: Das ist eine gute, aber nicht so einfache Frage, da die Antwort so vielschichtig ist. Innovation bei Medien bedeutet, mit Inhalten ein funktionierendes Ökosystem zu schaffen. Daher ist für mich die Creator Economy ein wichtiger Trend, der Journalist*innen ermöglicht, mit Inhalten ihre Zielgruppe direkt zu erreichen und damit auch direkt Geld zu verdienen.
Aber die Monetarisierung ist ja für die meisten Gründer*innen am schwierigsten. Wie kann sie gelingen?
Klaus: Möglich ist das etwa über Nischenthemen. Ich habe ein persönliches Beispiel: Während der Coronapandemie habe ich das Thema Whiskey für mich entdeckt. Whiskeykenner*innen bauen mit ihrer Expertise auch wirtschaftlich erfolgreich eine Community und ein Ökosystem um Inhalte herum auf. Auf Plattformen wie Patreon oder Substack bieten sie Abonnent*innen spezielle Inhalte und Events, über Youtube oder Instagram wird Reichweite aufgebaut und vermarket, dazu gibt es Shops mit Merchandise. Das lässt sich für jedes Thema realisieren – die Kanäle dafür sind vorhanden.
Du arbeitest seit fast 30 Jahren in der Medienbranche, warst und bist in Österreich, in Deutschland und in den USA tätig. Was hat sich in dieser Zeit verändert?
Klaus: Am Anfang ging es vor allem um Inhalte und wie wir diese mit wenig Aufwand und anfangs mit geringen technischen Möglichkeiten an die Nutzer*innen bringen konnten, „Content is King“ war das Motto. Mit der Entwicklung neuer Ausspielkanäle und Formate haben wir uns viel mehr mit den Menschen, die wir erreichen wollen, beschäftigt. Heute arbeiten wir nicht nur nutzerzentriert, sondern vermehrt produktorientiert. Wir haben eine viel stärkere Produktdenke und betrachten Innovation immer im Spannungsfeld Nutzer*innen, Technologie und Business.
Was unterscheidet die USA von Europa bzw. Deutschland und Österreich?
Klaus: Zum einen gibt es in den USA ein viel höheres Investitionsvolumen, weil der Markt viel, viel größer ist. Das ist eine ganz andere Größenordnung. Während wir in Deutschland kleinere Förderprogramme haben, geht es in den USA um Millionen- und teilweise sogar um Milliardeninvestments. Zum anderen herrscht ein unterschiedliches Mindset. In Deutschland haben wir oft eine hohe Erwartungshaltung an offizielle Organisationen und Institutionen, die fördern sollen. In Amerika ist klar: Ich muss immer jemanden von meiner Idee überzeugen, ich muss immer performen, von meinem Produkt überzeugt sein und dafür leidenschaftlich hart arbeiten. Hier in den USA ist nicht alles gut, aber trotzdem können deutsche Medienschaffende von dem Mindsets viel lernen. Und diesen Prozess möchte ich nach meiner Rückkehr nach Wien im Herbst unterstützen. Ich baue ein „Product Lab“ auf, in dem wir Ansätze und Methoden des so genannten Produkt Thinking in Organisationen etablieren und auch einzelnen Medienschaffenden vermitteln. Wir helfen Content-Creator*innen bei der Entwicklung ihrer Angebote, damit sie erfolgreich werden können.
Du bist neu im JIP-Beirat und sichtest gerade die Bewerbungen. Worauf achtest du am meisten?
Klaus: Das ist ein Zusammenschluss vieler Dinge. Wichtig ist Diversität – da hat die deutsche Medienbranche noch viel aufzuholen. Ich schaue mir die Persönlichkeiten, aber natürlich auch die Produkte an. Beides muss Leidenschaft verkörpern. Darüber hinaus ist es mir wichtig, dass es für das Angebot eine Nachfrage, ein klares Bedürfnis gibt. Und schlussendlich muss die Wirtschaftlichkeit eines Projektes nachhaltig realisierbar sein. Das alles zusammengenommen macht eine gute Bewerbung aus.