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BUNTE KISTE

„Es geht immer weiter, Leute!“

Gründen wollen, aber nicht wissen, wie? Die Idee ist da, aber nicht wissen, wie es weitergeht? Im Interview verrät Andreas Wrede, Projektleitung des InnoLab und Dozent für den Fachbereich Digital- und Medienmanagement an der HMS, wie die Gründungsunterstützung Startup Port helfen kann, und gibt nützliche Hinweise für Neugründer:innen.

Wrede

Andreas, was macht Startup Port genau?

Der Startup Port, darin wurde kürzlich die Gründungsberatung beyourpilot integriert, ist eine Hamburger Existenzgründer-Initiative für Unternehmensgründungen aus Hochschulen – wie etwa der Universität Hamburg, der HAW, der Helmut Schmidt Universität oder dem DESY – heraus. Mittlerweile sind zehn Hochschulen und ihre Forschungseinrichtungen aus der Metropolregion Hamburg Mitglied, u.a. auch die Hamburg Media School mit mir als deren Vertreter in dieser institutionsübergreifenden Gründungsunterstützung.


Was ist deine Aufgabe?

Ich nehme an regelmäßigen Treffen der Hochschulen teil, bei denen etwa Themen wie Sprechstunden für Gründungswillige und Formate der Zusammenarbeit entwickelt bzw. vertieft oder das Gründungs-Ökosystem — wissensbasiert — in der Metropolregion Hamburg ständig optimiert werden. Zudem geht es mithin um den interdisziplinären Austausch der Hochschulen untereinander sowie den engen Kontakt zur Community des Startup Port. Und wir arbeiten, logo, an Diversität im Startup-Ökosystem und beraten ganz konkret Gründerinnen und Gründer. Hier hilft oft das inzwischen bundesweit gewachsene Netzwerk der Hamburg Media School und seiner Alumni.


Mit welchen Fragen wenden sich Gründer:innen an dich?


Das sind oft sehr unterschiedliche Aspekte, die in der Beratung – in Präsenz oder Remote – anfallen. Es kann um Kontakte gehen, die Gründungswillige brauchen, etwa im technischen oder im Marketing-Bereich. Oder es werden Fragen nach finanziellen Fördermöglichkeiten gestellt. Hier gibt’s verschiedene Fördertöpfe im Hamburger Raum. Oder: Welche Ausbildungsangebote und Förderformate bieten die einzelnen Verbund-Partner und -partnerinnen hochschulübergreifend an. Uns ist auch die ständig besser werdende Vernetzung der Hochschulen untereinander sehr wichtig. Als Berater liegt uns selbstverständlich die größtmögliche Transparenz des Ökosystems am Herzen und ein möglichst geringer Aufwand an Bürokratie.


Welche Gründungen hast du bisher z.B. begleitet?


Da wäre etwa Thesy zu nennen, eine Gründung von einem langjährigen Dozenten der HMS, Nils Grannemann. Thesy will Studierende bei ihren Abschlussarbeiten assistieren und sie anschließend in Jobs vermitteln – KI-basiert, divers und inklusiv. Thesy kann mittlerweile sogar auf das große Sprachmodell von OpenAI (GPT4) zurückgreifen. Ich habe Thesy publizistisch-beratend begleitet. Das beinhaltet etwa Pressearbeit (Print/Online), das Herstellen von direkten Kontakten zu potentiellen Förderern bzw. Investoren, die Empfehlung von neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, konzeptionelle Diskussionen oder bisweilen das Anstoßen selbstkritischer interner Debatten.


Bis zu welchem Punkt begleitest du Gründer:innen?


Ach, das können sehr unterschiedliche Zeiträume sein. Wenn ich merke, dass die Gründung so gar nicht in meinem Wissensgebiet zu verorten ist, dann empfehle ich rasch einen anderen Kollegen oder eine andere Kollegin aus dem Startup Port-Verbund. Wenn es um detailliertere Finanzfragen geht, bin ich bemüht, kompetente Gesprächspartner:innen dazu zu holen bzw. zu vermitteln. Aber klar, persönliche Sympathie spielt ebenfalls eine Rolle, da Nils ein sehr guter Freund ist, begleite ich ihn und sein Start-up fast von Anfang an und es kommt vor, dass emotionale Unterstützung mal viel wichtiger ist als klug gemeinte Ratschläge. Am liebsten möchte man natürlich den gesamten Gründungsprozess begleiten bis hin zu einer stabilen Finanzierung und hoffentlich aussichtsreichen Zukunftsperspektive.


Gab es eine besonders erfolgreiche Gründung?


Fairerweise muss ich sagen, dass ich traceless nicht von Anfang an begleitet habe. Dieser Verdienst gebührt Kolleginnen und Kollegen von beyourpilot. Traceless erklärt dem weltweiten Plastikmüll den Krieg. Und zwar mit revolutionärem Verpackungsmaterial, das zu hundert Prozent pflanzenbasiert und natürlich kompostierbar ist. Anne Lamp und Johanna Baare, die Gründerinnen, haben mit traceless u.a. den Deutschen Gründerpreis und den German Startup Award für Newcomer gewonnen. Investoren wie Planet A oder Förderer wie der European Innovation Council und das deutsche Umwelt-Ministerium haben schon einige Millionen Euro in das Start-up gesteckt, und gerade konnte sich traceless eine Finanzierung der Serie A von 36,6 Mio Euro sichern. Das ist ein großer Erfolg für das Start-up und zugleich eine wichtige Botschaft für den Umweltschutz! Ich bin sicher, wir werden noch viel, viel Positives von traceless bzw. Anne und Johanna hören. Ich habe immerhin schon einige Artikel und einen Podcast zu traceless produziert. Ihr merkt: Ich bin ein Fan…


Musstest du schon einmal von einer Idee abraten?


Nicht direkt…eine Mutter und ihr Sohn waren sehr fest von einer Idee überzeugt, wie man das Business mit Ferienwohnungen in Deutschland umkrempeln kann. Was allerdings etwa fehlte, war eine ordentliche Marktanalyse, welche Anbieter es in welchen Kategorien gibt, nicht nur in Deutschland, sondern auch in Österreich und der Schweiz. Mir fehlte also schon eine analytische Basis, die eben über eine scheinbar gute Idee hinausgeht, und realistisch Chancen und Risiken gegeneinander abwägt. Gleichwohl habe ich versucht, nicht zu entmutigen und einige konkrete Hinweise, mit Blick auf Recherche oder Kontakte, zu geben. Aber ich habe nie mehr etwas von den beiden gehört.


Wie erkennst du die Potentiale einer Gründungsidee? Woran machst du diese fest?


Also jedenfalls nicht unbedingt am Grad des Enthusiasmus. Im Gegenteil, wenn jemand geradezu überschwänglich von seiner oder ihrer Idee überzeugt ist, dann bin ich erstmal eher zurückhaltend. Bei allem Enthusiasmus, es muss aus meiner Sicht die Idee der Gründung in einem kurzen Pitch zusammengefasst werden können. Der Pitch kann natürlich eine Vision rüberbringen, aber ich möchte – nicht nur ansatzweise – wissen, wie diese Vision umgesetzt werden soll. Und ich lege großen Wert auf das Zusammenspiel von Kreation, Marketing, Technologie und Ökonomie. Die Gründerinnen und Gründer müssen glasklar begründen können, ob ihre Geschäftsidee skalierbar ist. Last not least, für mich ist die persönliche Ausstrahlung, oder besser: die Authentizität des Start-up-Teams ein sehr wesentlicher Faktor. Nur gut „verkaufen“ allein reicht nicht hin.


Welche Tipps hast du für Menschen, die gründen möchten?


Lasst Euch nicht unterkriegen, wenn ihr von eurer Gründungs-Idee zu hundert Prozent überzeugt seid, und wenn ihr im Team zusammen funktioniert. Dazu zählen auch Selbstkritik, Respekt vor anderen Positionen und unbedingte Loyalität in krisenhaften Situationen. Ich würde stets dazu raten, ab einem bestimmten, kritischen Punkt die Meinung von qualifizierten Dritten einzuholen. Manches Mal sieht man halt den Wald vor lauter Bäumen nicht. Und ganz wichtig: Wenn ihr mal scheitert, gebt nicht auf, es wird sich eine weitere Tür auftun, es geht immer weiter, Leute!