Pinguine zum Vorbild nehmen? Männlichen Kollegen im Meeting Zeit geben, um sich hierarisch einzuchecken? Was wir beim Female Leadership Workshop mit Carina Freundt lernen durften.
DIGITAL- UND MEDIENMANAGEMENT / STUDIUM
Female Leadership
„Du musst Dir Deinen Stuhl nehmen, sonst platziert Dich jemand anderes dort, wo er/sie Dich gerne hätte“ erklärt uns Carina an einem Montag Morgen im Juni via Zoom. Sie ergänzt, dass es gerade als Frau essentiell sei, sich im Berufsleben zu positionieren, sich sichtbar zu machen und sich eben seinen Lieblingsstuhl proaktiv auszusuchen – jedoch fällt genau das Frauen besonders schwer. Die elf weibliche Studierende des Studiengangs Digital- und Medienmanagement nicken in die Kameras. Den meisten Teilnehmerinnen scheint diese Problematik bekannt zu sein. Nicht selten stehen der ein oder anderen Bescheidenheit und Unsicherheit bereits bei der Jobsuche im Weg. Wie eine Erhebung im Jahr 2014 ergab, bewerben sich Frauen auf einen Job nur dann, wenn sie den gestellten Anforderungen zu 100% entsprechen. Männer entscheiden sich wiederum bereits bei einer 60%-igen Übereinstimmung für eine Bewerbung. Auch wir Teilnehmerinnen haben uns wie im Bild zu sehen größten Teils deutlich über der männlichen 60%-Marke eingeordnet.
Bildunterschrift: Keine Teilnehmerin hat tatsächlich den Anspruch 100% der Job-Anforderungen zu erfüllen. Über den 60% lagen wir im Schnitt jedoch deutlich.
Doch was tun? Wie schafft man es als Frau, ein gesundes Selbstbewusstsein zu entwickeln, um dann selbstbestimmt und zufrieden durch den Arbeitsalltag gehen zu können – ohne dabei überheblich zu wirken? Die Antwort ist ganz einfach:
"Macht es wie die Pinguine!“
Richtig gelesen: Pinguine. Zugegeben, es bedarf an dieser Stelle einer Erläuterung. Im Laufe der Evolution hat der Pinguin sich als Vogel aus der Luft weg und hinein ins Wasser zum geschickten Schwimmer und Taucher entwickelt. Ihre naturgegebenen Flügel dienen als Flossen, mit denen sie nun fischartig so flink durchs Wasser tauchen, dass man meinen könnte sie würden fliegen. In der Runde verbreitet sich immer mehr die Erkenntnis, dass Pinguine mit dieser Transformation ein vorbildliches Verhalten aufgewiesen haben: um den Fortbestand der Art zu sichern, haben Pinguine sich nicht von ihrer Schwäche irritieren lassen, sondern haben ihre eher kümmerlichen Flugfähigkeiten in ausgereifte Tauchkünste umgewandelt. Sie haben ihren Fokus auf ihre Stärken gelegt und mit diesen gearbeitet, statt sich mit ihren Schwächen abzugeben und sich somit dem eigenen Artenaussterben auszuliefern.
Soweit so gut – wir machen es also von nun an wie die Pinguine und schöpfen im Vollen aus unseren Stärken, statt uns von unseren Stärken runterziehen zu lassen.
Bildunterschrift: in einem Mentimeter haben wir unsere Stärken gesammelt. Auf diesen wollen wir in Zukunft noch mehr bauen.
Ein Einwurf aus der Runde: „Warum werde ich dann aber gehäuft ignoriert, wenn ich meine Stärken nutze und gute Ideen oder Erkenntnisse in einer Männerrunde einwerfe?“
Eine andere Studentin ergänzt die Wortmeldung. Auch ihr wäre es bereits so gegangen. Zusätzlich habe sie mehrmals festgestellt, dass ein männlicher Kollege ihre Idee zu einem späteren Zeitpunkt deckungsgleich als die seine präsentiert habe und sofort mit begeisterter Zustimmung der anderen belohnt wurde. Erneut nickt ein großer Teil der Gruppe in die Laptopkamera. Es scheint, als wären wir mit dieser Erfahrung nicht alleine. Carina klärt uns auf.
„Gebt den Männern in der Runde ein wenig Zeit, um sich einzuchecken“
Wir erlauben es uns für einen Moment männer- und frauenspezifisches Verhalten zu pauschalisieren und erkennen klare Unterschiede in der Kommunikation. Männer kommunizieren hierarisch, um eine Rangordnung unter der Führung eines oder einer Vorgesetzten festzulegen. Frauen dagegen legen den Fokus mehr auf das Allgemeinwohl und setzen es sich zum Ziel mit ihrem Umfeld auf einer Ebene zu kommunizieren. Dieser Gegensatz kann in der Gesprächsrunde dazu führen, dass eine weibliche Teilnehmerin bereits mit dem inhaltlichen Vorankommen beschäftigt ist, während die männlichen Teilnehmer ihre Konzentration noch darauf liegen haben, wer im Raum welchen hierarchischen Rang belegt. Das Memo an uns als Frauen also: timing is key! Man wartet mit dem Vorstellen von Ideen und Erkenntnissen also besser solange, bis sich alle anwesenden in der Rangordnung eingecheckt haben und für inhaltliche Beiträge bereit sind.
Dies ist eine Sichtweise die wohl kaum eine der Studentinnen bis dato eingenommen hatte. Vielleicht wird diese Vorgehensweise für die eine oder andere jedoch schon bald ein hilfreiches Werkzeug werden.
Im weiteren Verlauf des Workshops gibt uns Carina zusätzliche wertvolle Ratschläge, um den geschlechterspezifischen Herausforderungen einer weiblichen Arbeits- und/oder Führungskraft gewachsen zu sein. Wir reden intensiv über die Begriffe „Abgrenzung“ und „Schlagfertigkeit“. Zwei wichtige Tools, die es uns leichter machen sollen einerseits unsere Aufgaben effizient zu bewältigen und andererseits gekonnt mit männlicher Offensive in der Arbeitswelt umzugehen.
„Es lohnt sich Nein zu sagen“
Eine letzte wichtige Erkenntnis, die sicherlich einigen von uns Studentinnen im Kopf bleiben wird: Nein sagen zu können ist eine Tugend.
Es scheint, als wäre das Gefühl einen Auftrag annehmen zu müssen, auch wenn dies das persönliche Zeit- und Kraftmanagement sprengen wird, ein weit verbreitetes unter den Teilnehmerinnen. Carina klärt auf, dass es zwischen einem Ja und einem Nein viele Möglichkeiten gäbe, die man nur ausschöpfen müsse. So mildert zum Beispiel ein Nein in Verbindung mit einer Erklärung oder aber auch einem Gegenangebot, die Härte beim Empfänger ab. Wichtig sei in jedem Fall den instinktiven „Ja-Sage-Autopilot“, wie Carina ihn nannte, auszuschalten, um Kapazitäten nachhaltig einteilen zu können.
Am liebsten hätten wir den zweistündigen Workshop auf ein Wochenendseminar ausgeweitet, um gelerntes weiter zu verinnerlichen. Sicherlich haben wir Studentinnen jedoch viele wertvolle Erkenntnisse gewonnen und werden diese bei nächster Gelegenheit anwenden – allzu lange wird es vermutlich nicht dauern!
Wir Studentinnen bedanken uns bei Carina Freundt für den lehrreichen und offenen Austausch und hoffen, Sie bald in einem weiteren Workshop an der HMS begrüßen zu dürfen.
Interessierte laden wir ein, den Beitrag über einen weiteren Studierenden-Workshop mit Carina Freundt an der HMS zu lesen.