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Fünf Fragen an... Denise Snieguolė Wachter

2021 02 24 Denise Snieguole Wachter Genuss Stern Hamburg Carolin Windel 139

Denise Snieguolė Wachter (33) ist die neue Genuss-Kolumnistin beim STERN. „Einfach essen“ erscheint wöchentlich im Magazin, auf stern Plus und auf dem eigens dafür ins Leben gerufenen Instagram-Kanal @essenmitdenise. Die Rezepte von „Einfach essen“ holen sich Inspiration in den Küchen rund um den Erdball. Sie sind einfach, aber nicht langweilig und passen so in einen modernen Alltag, in dem das Kochen häufig nicht im Mittelpunkt steht – Gerichte aber dennoch gut und köstlich sein sollen. Zeitgenössische Strömungen wie fleischloses Essen und klimafreundliches Kochen nimmt die Kolumne genauso auf wie die Klassiker, die einen legitimen Platz im Repertoire haben. Seit sieben Jahren schreibt Denise Wachter als Genuss-Expertin für den STERN. Sie gründete das Ressort „Genuss & Kulinarik“ bei stern.de, entwickelte unter anderem Inhalte für Social-Media-Formate und baute ein Food-Netzwerk rund um die Marke STERN auf.


Wie bist du zum Food-Journalismus gekommen?
Als Kind habe ich Kochbücher verschlungen und lernte im Englisch- und Französischunterricht lieber das Küchenvokabular als Begrüßungsfloskeln. Am liebsten aber saß ich auf den Küchenzeilen meiner Großmütter. Die eine kochte im Allgäu, die andere in Litauen und ich habe mit großer Begeisterung in deren Kochtöpfe geguckt. Sie haben mir die Liebe zum Essen vererbt. Bis heute fasziniert mich, wie man mit Gerichten, Geschichten erzählen kann. Wie man mit nur einem Biss in eine andere Zeit katapultiert wird. Für mich war sehr schnell klar, ich möchte über genau das schreiben: Essen.

Beim Food-Journalismus geht es um viel mehr als „nur“ um Rezepte und Gastro-Tipps. Über welche Themen berichtest du? Was interessiert die Leser*innen derzeit besonders?
Rezepte sind vor allem in Pandemie-Zeiten heiß begehrt, schließlich hat es uns alle zurück an den Herd gezogen als die Gastronomie schließen musste. Ein Thema, das besonders viele interessiert: Wie halten sich Gastronom*innen jetzt noch über Wasser? Generell ist der Food-Bereich sehr divers. Ich berichte über große Unternehmen, die eine vermeintliche Nachhaltigkeitsstrategie fahren. So beispielsweise im Gespräch mit dem Deutschlandchef von Nespresso, Mark Ruijgrok. Genauso greife ich Tabuthemen auf, über die aber gesprochen werden muss. Beispielsweise Sexismus in der Gastronomie. Doch neben diesen durchaus ernsten und wichtigen Themen kann die Welt der Kulinarik aber auch leicht und bunt sein und lebt von großartigen Restaurant-Konzepten wie beispielsweise das „Sühring“ in Bangkok, das von Berliner Zwillingen betrieben wird, die deutsche Küche in Thailand en vogue gemacht haben, und zu den besten Restaurants Asiens gehören.

Du bist „Genuss- und Kulinarik-Expertin“ des STERN. Was bedeutet das? Warum berichtest du neuerdings auf mehreren Kanälen?
Mit meiner neuen Kolumne „Einfach essen“ möchte ich die Leser*innen auf allen Plattformen abholen. Sowohl im Print, auf STERN Digital als auch in den sozialen Medien. Jede Kolumne wird im Heft veröffentlicht und auf STERN Plus begleitet. Auf Instagram bei @essenmitdenise gibt es Hintergrundinfos zu den Gerichten, Live-Stories und kurze, kostenfreie Rezepte. So erzählen wir Food aus möglichst vielen Blickwinkeln. Beim STERN denken und produzieren wir Inhalte 360 Grad, also über alle Kanäle hinweg.

Wie stark werden Inhalte beim STERN nachgefragt. Wie schätzt du die gesamte Branche ein?
Essen ist das zeitloseste Thema der Welt, gegessen wird immer, egal wie verrückt die Welt spielt. Trotzdem unterliegt Essen auch immer gewissen Trends: Heute wird mehr Wert auf gesundes Essen gelegt. Wer vegetarisch oder vegan isst, wird heute nicht mehr schief angeguckt. Und auch umweltverträgliches Essen spielt eine immer größere Rolle. Kein Wunder also, dass Kochbücher beispielsweise nach wie vor stark nachgefragt werden und eben auch Rezepte und Food-Geschichten, was wir auch bei uns merken. Insgesamt ist aber der Food-Journalismus im Umbruch. Die Menschen wollen teilhaben und suchen Inspiration. Deshalb funktionieren neue Formate in Videoform immer besser und Bewegtbild macht Rezepte schnell verfügbar. Die Generation heute hat andere Ansprüche an Rezepte, sie müssen in den Alltag der Menschen passen oder aber situativ angepasst werden (beispielweise aufwendig, wenn Gäste kommen, schnell aber raffiniert für den Alltag). Die Zeiten von komplizierten Rezepten, die keine*r nachkochen kann, sind vorbei. Das ist auch unser Anspruch an die Kolumne. Wir möchten, dass unsere Gerichte möglichst vielen gelingen. Dadurch wollen wir nicht nur unsere bestehenden Leser*innen halten, sondern natürlich auch neue gewinnen.

Du veröffentlichst deine eigenen Rezepte, gibt’s Empfehlungen und tritt’s selbst bei Instagram auf. Ist diese „persönliche Note“ und Nähe zum Publikum wichtig für Food-Journalist*innen?
Nicht nur für Food-Journalist*innen, sondern für alle Journalist*innen. Es geht darum, Nähe zu den Leser*innen aufzubauen und eine Bindung zu schaffen. Das gelingt über die Sprache in den Texten, aber auch, wenn man ein Stück seiner Persönlichkeit Preis gibt. Ich tue das, indem ich von meinen kulinarischen Wurzeln erzähle. In meinen Kolumnen wird beispielsweise immer mal wieder meine türkische Schwiegermutter, Mama Nunu, auftreten. Sie ist eine begnadete Köchin und steckt mir ihre Rezepte zu. Die werde ich und muss ich mit meinen Leser*innen teilen, sie sind einfach zu gut. Ich möchte, dass sie mich kennenlernen und meine Leidenschaft fürs gute Essen verstehen – und wer weiß, vielleicht animiere ich noch mehr Menschen dazu, auch mal selbst den Kochlöffel zu schwingen, obwohl sie normalerweise gar nicht kochen. Dann habe ich schon sehr viel erreicht.


Fotocredit: Carolin Windel