Von Free to play über Lifetime Value zu Sunshine Island: Gastgespräch mit Jochen Gary

Im Februar 2024 war Jochen Gary im Rahmen des Data Analytics Tracks zu Besuch an der HMS. Jochen berichtet über Gaming-KPIs, den Gaming-Markt in Deutschland und international sowie über verschiedene Produkte, Soft Launches und das Marketing in der Gaming-Branche.

Als Vice President im Marketing bei der Stillfront Group bringt Jochen spannende Einblicke und viel Expertise mit. In seiner Position ist er verantwortlich für das Produktmarketing und die Akquise neuer Nutzer:innen. Gemeinsam mit seinem Team entwickelt er Strategien, die technische, datenbasierte und marketingrelevante Informationen nutzen, um mehr Spieler:innen anzusprechen.

Bei der Stilfront Group, die ihren Hauptsitz in Stockholm hat, handelt es sich um ein börsennotiertes Unternehmen, das ein breites Portfolio an digitalen Spielen anbietet. Diese werden in 22 Studios entwickelt, die in Europa, Nordamerika, der MENA-Region und Asien ihr Zuhause haben. Zu den Studios in Hamburg gehören Bytro Labs, Goodgame Studios, New Moon Production und Playa Games, die auch miteinander kollaborieren. Bekannte Spiele, die aus den Stillfront-Studios stammen, sind zum Beispiel Bitlife, Conflict of Nations oder Goodgame Empire.

Das größte Thema des Gesprächs sind Gaming KPIs. Die sogenannten Key-Perfomance-Indikatoren sind in diesem Fall dazu da, den Erfolg von Games zu messen. Ziele können hier die Steigerung der Spielzeit, Downloads und In-App-Käufe sein. Das heißt, KPIs sind maßgebend für die Gestaltung von Werbekampagnen und die Verbesserung der Benutzerfreundlichkeit. Technische KPIs zeigen zum Beispiel, wie oft ein Spiel crasht. Eine weitere spannende Kennzahl ist der Lifetime Value, also der Wert, den Nutzende in ihrer gesamten Lebenszeit mit dem Spiel generieren.

Zudem erfahren wir vieles über den noch recht jungen Gaming-Markt in Deutschland und international. Dieser stagnierte in 2023 zum ersten Mal seit Jahren. Nachdem er durch die Corona-Pandemie einen großen Aufschwung erlebte, hat er dann mit dem anschließenden Bounceback zu kämpfen.

Was den Markt attraktiv macht ist, dass nur ein einziger Hit erforderlich ist, um mit einem Spiel erfolgreich zu sein. Das sieht man zum Beispiel bei Spielen wie Hogwarts Legacy, Candy Crush oder Monopoly Go. Ein einziges Spiel mit einem eigenen Team kann schon sehr weit kommen. Auch unabhängige Spielehersteller haben eine Chance auf Erfolg, wenn sie innovative Ideen realisieren. Die Schwierigkeit besteht darin, die kostspielige Entwicklung des Spiels zu finanzieren.

Herausfordernd ist auch, dass Nutzende in den Spielen nicht zu viel Werbung sehen wollen und gleichzeitig manche nicht bereit sind Geld für Spiele auszugeben. Dazu kommt, dass die Gaming-Branche mit anderen Unterhaltungsformen um das begrenzte Zeitbudget der Nutzenden konkurriert. Dafür gibt es einige sehr treue Nutzende und solche, die Spiele sehr intensiv spielen. Jochen berichtet von Spieler:innen, die dasselbe Game seit 12 Jahren spielen.

Wir sprechen auch über den sogenannten Soft Launch, der in der Branche häufig zum Einsatz kommt. Dabei wird ein Game vorerst nur an eine kleinere Zielgruppe, oder in einer begrenzten Region ausgespielt. Somit werden bereits erste Daten für das Marketing gesammelt. Der Vorteil eines Soft Launches ist, dass bereits frühzeitig Feedback gesammelt wird und Verbesserungen umgesetzt werden können, bevor das Spiel der breiten Masse vorgestellt wird.

Es gibt unterschiedliche Erlösmodelle, die zum Einsatz kommen. Free to play Games werden durch Werbung, In-App-Käufe oder Abo-Modelle finanziert. An sich können sie kostenlos gespielt werden. Mittlerweile werden Spiele als Games as a service angeboten und nach der Veröffentlichung kontinuierlich verbessert und erweitert.

Um die Anwendung von Kennzahlen im Marketing zu verstehen, zeigt Jochen uns ein Marketing-Dashboard. Hier bekommt man eine Übersicht über die wichtigsten KPIs in der laufenden Kampagne. Anschließend kann abgeleitet werden, wie die Kampagne noch optimiert werden kann. Dieses Vorgehen lebt jedoch auch von den Daten der Nutzenden. Durch datenschutzrechtliche Maßnahmen können viele Daten nur mit Zustimmung getrackt werden. Auch eine personalisierte Werbung kann nur ausgespielt werden, wenn Nutzende zustimmen.

Bei einem Blick in die Zukunft spielt neben der herrschenden Konkurrenzsituation die generative künstliche Intelligenz eine große Rolle. Auch Trends wie Augmented Reality sind neue Felder in der Branche.

Zum Schluss blieb viel Zeit für Fragen und Meinungsaustausch. Jochens langjährige Erfahrung und sein tiefer Wissensschatz haben alle Anwesenden bereichert. Wir danken für diesen überaus interessanten und lehrreichen Vortrag!