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Keine Toleranz für Intoleranz!

von JOSCA WIJTENBURG am 03.06.2020

Erneut durften wir Rabbiner Yehuda Teichtal aus Berlin an der HMS begrüßen – diesmal leider nur digital. Ein interessantes Gespräch über Toleranz, Judentum, Corona und den Fortgang eines Praxisprojektes.

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Rabbiner Yehuda Teichtal kam mit 23 Jahren nach Deutschland. Es war der 16 August 1996. Während viele Juden mit Deutschland zu diesem Zeitpunkt, zu Recht, mit dem Holocaust verbinden, folgt er dem Rat eines New Yorker Rabbiners: Deutschland sollte nicht ignoriert, sondern dort muss das Verständnis und der Umgang mit der jüdischen Kultur aufgebaut werden. Ein helles, beständiges Licht in dunklen Zeiten des Antisemitismus und Fremdenhasses kann zum Erleuchten gebracht werden, findet der Rabbiner. Um ein positives, tolerantes Zusammenleben zu gestalten startete ein Projekt wie den Pears Jüdischer Campus, über den wir im Blog bereits berichteten: „Wiederbelebung jüdischen Lebens in Deutschland

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Beim Betreten des Zoom-Calls wird schnell klar – die Stimmung ist gut. Und das liegt nicht nur am beständigen Optimismus und Tatendrang des inspirierenden Rabbiners. Die Studenten „seines“ Praxisprojektes sind anwesend und die Wiedersehensfreude spürbar. Während der Rabbiner daran interessiert ist, wie es den Studenten mittlerweile geht und an welchen Projekten sie arbeiten, will das Team aus erster Hand erfahren, wie es um die Baufortschritte des Pears Jüdischer Campus steht. Das ehemalige Praxisprojekt erhält vom Rabbiner viel Lob und hat sich als wichtiger Wegweiser für die externe Kommunikation der Gemeinde und des Campus erwiesen.

In diesen Zeiten kommt man nicht umhin auch über das Thema Corona zu sprechen. Aufgrund der Pandemie gestaltet sich besonders das Fundraising anders als zuvor. Die Unsicherheit ist ein großes Problem, da Unterstützer Entscheidungen fürs erste zu vertagen oder großen Zahlungen aufteilen möchten. Der Rabbiner ist jedoch zuversichtlich, dass das kein Hindernis für das Projekt darstellen wird. „Wir bekommen das hin!“, sagt – wie stets überschwänglich – der Rabbiner der Chabad-Bewegung, der auch Gemeinderabbiner der Jüdischen Gemeinde zu Berlin ist.

Auch die aktuell veröffentlichen Statistiken zu antisemitischen Übergriffen, von denen der Rabbiner in der Vergangenheit bereits selbst betroffen war, kommt zur Sprache. Die Lage sei schwerer geworden. Jedoch sollte vor allem an den Ursachen und nicht an den Symptomen gearbeitet werden, so Yehuda Teichtal. Viele Menschen sehen sich als außenstehende Zuschauer und eher machtlos. Dabei sollte jeder Bürger ein persönliches Interesse in der Vermeidung dieses Hasses sehen. Was heute der jüdischen Gemeinde passiere, könnte morgen auch andere Gesellschaftsgruppen betreffen. Aus diesem Grund sollte Toleranz nicht nur in der Gesellschaft verankert, sondern auch in der Politik stärker thematisiert und im Bildungssystem ein fester Bestandteil werden. Keine Toleranz für Intoleranz! Danke, Rabbi Teichtal, für Ihr unermüdliches Engagement für Verständigung, Gedankenaustausch und religiöse Freiheit.