Auf den ersten Blick mag es durchaus fragwürdig klingen: Was haben denn Medienmanagement-Studenten der HMS mit Gesundheitsmanagement oder dem Thema Depression am Hut? Zunächst einmal nicht viel, denn keiner aus unserem Jahrgang MM19 hat einen medizinischen Studienhintergrund und das Gesundheitswesen war uns bisher maximal durch eigene Arztbesuche bekannt. Doch das sollte sich im Laufe unseres zweiten Praxisprojektes ändern…
Denn wir, das sind Julia Empelmann, Ramona Jaeckle und Lorraine Larbig, beschäftigten uns drei Monate lang mit einem Projekt, welches von der Medizinischen Hochschule Hannover in Auftrag gegeben wurde. Dabei sollte Bewegung als Therapieform bei affektiven Störungen, v.a. bei Depressionen, bekannt gemacht werden. Konkreter gesagt sollte eine Kommunikationsstrategie und ein zeitlicher Umsetzungsplan entwickelt werden, der zur Ansprache aller beteiligten Instanzen (“Stakeholder”) genutzt werden kann.
“Depressionen sind eine Volkskrankheit und stellen ein genauso hohes Gesundheitsrisiko wie Rauchen, Fettleibigkeit oder hoher Blutdruck dar“, erklärte uns unser Auftraggeber Prof. Dr. Kai Kahl im Kick-Off Gespräch, welches im Januar stattfand. Denn depressiv Erkrankte sind nicht nur durch eine höhere Suizidgefahr gefährdet. Auch stellt der Bewegungsmangel, welcher aus der generellen Antriebslosigkeit der Erkrankten resultiert, ein gesundheitsgefährdendes Risiko für diese Patientengruppe dar. Langfristig können Depressionen somit Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder einen Herzinfarkt begünstigen. Bewegung als Therapieform kann entsprechend nicht nur depressive Symptome mindern, sondern auch präventiv Folgeerkrankungen vorbeugen. Eine Vielzahl internationaler Studien, an denen auch unser Auftraggeber beteiligt war, belegen dies.
Die ausgiebige Recherche-Phase der anfänglichen Wochen nutzten wir, um uns mit der Thematik vertraut zu machen und fundierte Einblicke in das deutsche Gesundheitssystem zu erlangen. Es fiel uns zunächst nicht leicht, einen “groben” Überblick über den aktuellen Stand zu bekommen, denn je weiter wir uns in die Thematik einfuchsten, umso detaillierter wurden die Recherchen (“Oh, schaut mal, noch ein Gesetzestext...”). Zum Glück wurden wir von unserer betreuenden Dozentin, Ulrike Meier, regelmäßig auf die richtige Spur gebracht, sodass wir uns nicht endgültig in den Tiefen der Details verlieren konnten.
Neben unzähligen Gesetzesgrundlagen studierten wir auch die Kommunikation zwischen den einzelnen Akteuren im Gesundheitswesen. Spoiler: Von denen gibt es gar nicht mal so wenige! Es galt u.a. die Betroffenen (d.h. sowohl Erkrankte als auch deren Angehörige), Krankenkassen, Politik, Öffentlichkeit, sowie allgemein alle praktizierenden Mediziner mit einem Bündel an Kommunikationsmaßnahmen über die allgemeine Möglichkeit der Bewegungstherapie aufzuklären.
Während der Recherche, welche auch einige qualitative Experteninterviews umfasste, mussten wir auch feststellen: Es gibt in Deutschland schon deutlich mehr Initiativen, als wir ursprünglich dachten. Sowohl der Deutsche Olympische Sportbund, als auch Krankenkassen und Stiftungen arbeiten in ihrem “eigenen Kosmos” daran, die verschiedenen Behandlungsmethoden für Depressionen bekannter zu machen. Das Ziel, Betroffenen langfristig zu helfen, ist dabei das Gleiche, obwohl sich jede Instanz auf eigene Art und Weise engagiert.
Die bereits existierenden, verschiedenen Initiativen nahmen wir genauer unter die Lupe und schlugen dem Auftraggeber Empfehlungen zu möglichen Kooperationen vor. Auch den Prozess der Erstattung durch die Krankenkassen legten wir dar, sowie den Prozess für die Aufnahme in sogenannte “Nationale Versorgungsleitlinien”, die, wie wir während des Projektes lernten, evidenzbasierte Handlungsempfehlungen für die medizinische Versorgung sind. Auf gut deutsch ist dies eine Art Empfehlungskatalog für praktizierende Ärzte. Zudem beleuchteten wir die Möglichkeit in (bestehende) E-Mental-Health Anwendungen (zB. Apps) Einzug zu erhalten.
Eine zentrale Schlussfolgerung aus dem Projekt ist, dass die Instanzen grundsätzlich miteinander kommunizieren müssen, denn die simple Kommunikation und der Wissensaustausch scheint in der Praxis ein Problem darzustellen. Dies wurde uns in der Diskussionsrunde der Endpräsentation von unserem Auftraggeber Prof. Dr. Kahl bestätigt: "Wichtigstes Learning aus Ihrer Arbeit ist sicherlich, dass es einer besseren Kommunikation zwischen allen Instanzen bedarf."
Was wir aus dem Projekt gelernt haben? Einiges. Zum Beispiel, dass sich durch eine gelungene Teamkonstellation jedes noch so komplexe Thema gut bearbeiten lässt und das eine angenehme Arbeitsatmosphäre durch ein gutes Zusammenspiel der Teammitglieder die Produktivität fördert. Aus diesem Praxisprojekt nehmen wir auch die Erkenntnis mit, dass verschiedene Berufsgruppen sehr unterschiedlich kommunizieren - sowohl in Hinblick auf Kommunikationskanäle, als auch in Bezug auf die genutzte Sprache. Doch gemeinsam konnten wir auch die ein oder andere Fachsprache-Hürden gut meistern. Obwohl unsere motivationalen Hintergründe für die Wahl des Projektes und unsere persönlichen Einstellungen zum Thema Sport nicht unterschiedlicher hätten sein können, ergänzten wir uns wunderbar: Eine Ski- sowie Tennislehrerin und zwei Psychologie-Interessierte bildeten insgesamt ein super Team. Den Spaß bei der Arbeit (und vor allem auch NACH der Arbeit;-)) konnte uns jedenfalls keiner nehmen.
Der frühe Vogel fängt den Wurm... oder so ähnlich
20.März 2019: Um sieben Uhr morgens sitzen wir bereits im Zug Richtung Hannover. Zwei Stunden später landen wir auf der Intensivstation der MHH... Kein Grund zur Sorge, wir hatten uns nur im Stockwerk vertan. Puh! Aber es dürfte wohl das erste Mal in der Geschichte der HMS sein, dass eine Endpräsentation in einem Krankenhaus stattfand... Genauer genommen im “Zentrum für seelische Gesundheit” der MHH (siehe Teamfoto).
Vor dem Konferenzraum wurden wir um 9:30 Uhr dann von Ärzten, die gerade ihre Morgenbesprechung beenden, mit den Worten “Oh, das sieht aber nach Staatsexamen aus - viel Erfolg!” begrüßt. Das beweist: den Satz “Gibt’s nicht!” gibt es an der HMS echt nicht. Wer weiß... vielleicht steht das Kürzel HMS ja insgeheim doch für Hamburg Medical School?!
Beenden möchten wir diesen Beitrag gerne mit nur einem Wort, welches so oft im Sprachgebrauch verwendet, trotzdem so maßlos unterschätzt wird und für uns zum Leitwort des Projektes wurde, nämlich: Gesundheit!