Retail Media – Stefan Endriß von der Otto Group Media an der HMS
Das erste Gastgespräch des neuen Studienjahres. Gemeinsam mit dem jüngeren Jahrgang versammeln wir uns und suchen uns Sitzplätze im Raum. Es ist immer noch ein wenig seltsam, jetzt zu den „Großen“ zu gehören und der ältere Jahrgang bei den gemeinsamen Gastgesprächen zu sein. Vorne steht bereits ein junger Mann um die 30 Jahre: Stefan Endriß von der Otto Group Media, Experte für Geschäftsmodelle.
Natürlich ist es nicht unser erstes Gastgespräch und ich bin schon ein wenig gespannt, welcher Art die nächsten eineinhalb Stunden sein würden. Einige Anzugträger aus großen Unternehmen haben in der Vergangenheit bereits Marketing-Reden vor uns geschwungen, doch bereits in der ersten Minute wird klar, dass dies hier kein Werbevortrag werden würde. Stefan bietet uns erst einmal das Du an. Und in seinem Vortrag spricht er offen und ehrlich, nicht nur als Mitarbeiter von Otto Media, sondern auch mit seiner persönlichen Meinung. „Das sage ich jetzt als Privatperson“ ist so ein Satz, der Stefan in meinen Augen sympathisch macht. Die ehrliche Sichtweise macht den gesamten Vortrag sofort um einiges interessanter. Darin geht es um Retail Media – zugegebenermaßen ein Begriff, mit dem ich vorher nicht wirklich etwas anfangen konnte. Retail Media bedeutet, ganz stark zusammengefasst, Advertising fürs E-Commerce.
Warum sich Otto nicht nur auf den Handel selbst konzentriert, wird gleich zu Beginn erläutert. Die großen Player sind schuld, von Stefan kurz GAFA genannt: Google, Amazon, Facebook, Apple. Sie spielen die Gatekeeper und kontrollieren, welche Inhalte und Händler der Nutzer überhaupt sieht und welche er nie zu Gesicht bekommt. Die GAFA haben den Wettbewerbsvorteil einer starken Userbeziehung undhohen Verweildauer und sie lassen sich den Zugang zum User teuer bezahlen.
Otto reagiert darauf, indem es eigene Vorteile ausspielt. Zuallererst einmal sind das die gesammelten Daten von 35 Millionen Kunden. Dazu kommt Know-Howin der Werbewirtschaft und die technische Infrastruktur. Als ebenfalls nicht gerade kleines Unternehmen verfügt Otto außerdem über enge, gewachsene Beziehungen zu Herstellern und Lieferanten und über eigene Media. Das ist die Mischung, mit der der Konzern das Thema Retail Marketing angeht.
Was das bedeutet? 35 Millionen Kunden sind auf allen Otto-Seiten und denen der Partner digital erreichbar. Ein Beispiel, das es vielleicht etwas anschaulicher macht: Nehmen wir an, ein Spielehersteller kommt auf Otto zu und möchte dort werben. Er hat verschiedene Möglichkeiten. Erstens, er kann beispielsweise nur auf den Seiten von myToys werben, was durchaus sinnvoll ist, da er dort eine sehr spitze Zielgruppe erreicht. Zweitens kann er auf einer Kombi aus verschiedenen Otto-Seiten werben, wenn er das möchte. Oder, drittens, er hat die Möglichkeit, auf Basis der Daten auf Otto-Seiten oder auch fremden Seiten zu werben.
Der große Vorteil von Retail Media ist, dass sich die User ohnehin bereits im Kaufprozess befinden, wenn sie die Werbung sehen. Die Kauflaune bewirkt, dass die im Umfeld angezeigte Werbung als weniger störend wahrgenommen wird und das erhöht die Conversionrate. Auf Ottos Webseite selbst wird der Werbung allerdings nur wenig Platz eingeräumt, eine bewusste Entscheidung, um das Kerngeschäft nicht zu gefährden. Weniger exklusiv sind fremde Webseiten, die ebenfalls bespielt werden können.
Kern des ganzen Geschäftes sind immer die Daten. Eines dieser Buzzwords: bigdata. Ohnehin in aller Munde. Interessant an den Daten bei Otto ist, dass neben den harten Fakten – soziodemographische Informationen wie Geschlecht, Alter, Wohnort – auch Produktinteressen, ein Bezug zu Marken und Kaufverhalten der User verfolgt werden können. Die von Otto gesammelten Daten verraten, in welcher Lebenswelt sich der User bewegt, ob er sich eher für das Hobby Kochen, für Familie, Sport oder den Garten begeistern lässt, welche Zahlungsart er bevorzugt und wie hoch der durchschnittliche Warenkorbwert ist. Die Werbung kann daher sehr zielgruppengenau ausgespielt werden. Insbesondere Frauen, häufigste Otto-Kunden, können wunderbar erreicht werden, ob nun für Branding-Zwecke oder für schlichten Abverkauf.
Das Problem bei Daten ist lediglich, dass man sich überlegen sollte, wo Daten tatsächlich sinnvoll eingesetzt sind. Stefan erzählt uns mit einem Schmunzeln von einem Beispiel: Werbung soll an Frauen mit zwei Kindern, zwischen 25 und 30 Jahren, mit einem roten Mini und einem Interesse für teures Porzellan ausgeliefert werden. Mit solch spezifischen Angaben bleiben dann natürlich leider nur wenige der eigentlich 35 Millionen potentiellen Kunden übrig…
Interessant war das 360°-Konzept, das Stefan uns vorstellte. Dabei werden verschiedene Kanäle von Newslettern über Social Media und den Point of Sale bis hin zu sogenannten „special integrations“ genutzt. Letzteres kann eigentlich alles sein und war für mich ein wenig schwer zu fassen, wenn ich ehrlich bin. Special integrations sind Werbemittel, die das normale Angebot überschreiten, also zum Beispiel Event-Sponsoring, Paket-Beileger oder ein Pop Up Store. Ziel ist es, ständiger Begleiter des Kunden zu sein und ihm in verschiedenen Situationen des Alltags zu begegnen. Wieder sind die Daten der Treibstoff dahinter, die analysieren, was der Kunde gesehen hat und was ihn interessiert. Auf diese Weise wird versucht, ein geschlossenes und koordiniertes System zu schaffen, ohne den Kunden zu nerven.
Retail Media – nach eineinhalb Stunden konnte ich mir unter dem Begriff schon deutlich mehr vorstellen. Es war eine angenehme Atmosphäre, nicht zuletzt, weil Stefan uns auf Augenhöhe begegnete und offen auf alle Fragen und Anmerkungen reagierte.
Danke dafür!
Warum sich Otto nicht nur auf den Handel selbst konzentriert, wird gleich zu Beginn erläutert. Die großen Player sind schuld, von Stefan kurz GAFA genannt: Google, Amazon, Facebook, Apple. Sie spielen die Gatekeeper und kontrollieren, welche Inhalte und Händler der Nutzer überhaupt sieht und welche er nie zu Gesicht bekommt. Die GAFA haben den Wettbewerbsvorteil einer starken Userbeziehung undhohen Verweildauer und sie lassen sich den Zugang zum User teuer bezahlen.
Otto reagiert darauf, indem es eigene Vorteile ausspielt. Zuallererst einmal sind das die gesammelten Daten von 35 Millionen Kunden. Dazu kommt Know-Howin der Werbewirtschaft und die technische Infrastruktur. Als ebenfalls nicht gerade kleines Unternehmen verfügt Otto außerdem über enge, gewachsene Beziehungen zu Herstellern und Lieferanten und über eigene Media. Das ist die Mischung, mit der der Konzern das Thema Retail Marketing angeht.
Was das bedeutet? 35 Millionen Kunden sind auf allen Otto-Seiten und denen der Partner digital erreichbar. Ein Beispiel, das es vielleicht etwas anschaulicher macht: Nehmen wir an, ein Spielehersteller kommt auf Otto zu und möchte dort werben. Er hat verschiedene Möglichkeiten. Erstens, er kann beispielsweise nur auf den Seiten von myToys werben, was durchaus sinnvoll ist, da er dort eine sehr spitze Zielgruppe erreicht. Zweitens kann er auf einer Kombi aus verschiedenen Otto-Seiten werben, wenn er das möchte. Oder, drittens, er hat die Möglichkeit, auf Basis der Daten auf Otto-Seiten oder auch fremden Seiten zu werben.
Der große Vorteil von Retail Media ist, dass sich die User ohnehin bereits im Kaufprozess befinden, wenn sie die Werbung sehen. Die Kauflaune bewirkt, dass die im Umfeld angezeigte Werbung als weniger störend wahrgenommen wird und das erhöht die Conversionrate. Auf Ottos Webseite selbst wird der Werbung allerdings nur wenig Platz eingeräumt, eine bewusste Entscheidung, um das Kerngeschäft nicht zu gefährden. Weniger exklusiv sind fremde Webseiten, die ebenfalls bespielt werden können.
Kern des ganzen Geschäftes sind immer die Daten. Eines dieser Buzzwords: bigdata. Ohnehin in aller Munde. Interessant an den Daten bei Otto ist, dass neben den harten Fakten – soziodemographische Informationen wie Geschlecht, Alter, Wohnort – auch Produktinteressen, ein Bezug zu Marken und Kaufverhalten der User verfolgt werden können. Die von Otto gesammelten Daten verraten, in welcher Lebenswelt sich der User bewegt, ob er sich eher für das Hobby Kochen, für Familie, Sport oder den Garten begeistern lässt, welche Zahlungsart er bevorzugt und wie hoch der durchschnittliche Warenkorbwert ist. Die Werbung kann daher sehr zielgruppengenau ausgespielt werden. Insbesondere Frauen, häufigste Otto-Kunden, können wunderbar erreicht werden, ob nun für Branding-Zwecke oder für schlichten Abverkauf.
Das Problem bei Daten ist lediglich, dass man sich überlegen sollte, wo Daten tatsächlich sinnvoll eingesetzt sind. Stefan erzählt uns mit einem Schmunzeln von einem Beispiel: Werbung soll an Frauen mit zwei Kindern, zwischen 25 und 30 Jahren, mit einem roten Mini und einem Interesse für teures Porzellan ausgeliefert werden. Mit solch spezifischen Angaben bleiben dann natürlich leider nur wenige der eigentlich 35 Millionen potentiellen Kunden übrig…
Interessant war das 360°-Konzept, das Stefan uns vorstellte. Dabei werden verschiedene Kanäle von Newslettern über Social Media und den Point of Sale bis hin zu sogenannten „special integrations“ genutzt. Letzteres kann eigentlich alles sein und war für mich ein wenig schwer zu fassen, wenn ich ehrlich bin. Special integrations sind Werbemittel, die das normale Angebot überschreiten, also zum Beispiel Event-Sponsoring, Paket-Beileger oder ein Pop Up Store. Ziel ist es, ständiger Begleiter des Kunden zu sein und ihm in verschiedenen Situationen des Alltags zu begegnen. Wieder sind die Daten der Treibstoff dahinter, die analysieren, was der Kunde gesehen hat und was ihn interessiert. Auf diese Weise wird versucht, ein geschlossenes und koordiniertes System zu schaffen, ohne den Kunden zu nerven.
Retail Media – nach eineinhalb Stunden konnte ich mir unter dem Begriff schon deutlich mehr vorstellen. Es war eine angenehme Atmosphäre, nicht zuletzt, weil Stefan uns auf Augenhöhe begegnete und offen auf alle Fragen und Anmerkungen reagierte.
Danke dafür!