Anne-Kathrin Gerstlauer hat ziemlich schnell einen sehr erfolgreichen Newsletter aufgesetzt. Mit „Texthacks“ erreicht sie mittlerweile fast 4500 Menschen regelmäßig. Dabei geht’s ums richtige Schreiben und Texten im Internet. Wie das gelingt, hat uns die Journalistin, Beraterin, Dozentin und neuen JIP-Beirätin erzählt. Drei goldene Regeln gibt’s obendrauf!
WEITERBILDUNG / MEDIA INNOVATION PROGRAM
„Unsere Aufgabe ist es, die Texte der Politik und Bürokratie für alle zu übersetzen“
Anne-Kathrin, mit „Texthacks“ hast du einen sehr erfolgreichen Newsletter gestartet. Worüber schreibst du?
Anne-Kathrin Gerstlauer: In dem Newsletter gibt es einfache Tipps fürs Texten und Schreiben im Internet. Tipps, die sich sofort umsetzen lassen – das ist mir wichtig. Alles ist kurz und hands-on. Ich richte mich sowohl an Journalist*innen als auch an Leute aus allen möglichen Kommunikationsabteilungen, vom Chefredakteur bis zum Bundestagsabgeordnet*innen ist alles dabei. Die Regeln sind für die große Reportage geeignet, aber auch für die einfache E-Mail. Der Newsletter ist also für alle geeignet. Jede Ausgabe hat immer ein Oberthema, manchmal lade ich auch Expert*innen ein, die dann über ihre Expertise schreiben.
Warum ist das richtige Schreiben im Netz so wichtig?
Anne-Kathrin: Mir geht es nicht um die große Klugscheißerei, welche Formulierung ich nehmen darf und welche nicht. In diesen Diskussionen verlieren wir oftmals aus den Augen, dass Menschen unsere Texte verstehen sollen. Das muss immer das Ziel sein. Als Journalist*innen ist es unsere Aufgabe, die Sprache der Politik und der Bürokratie für alle zu übersetzen. Außerdem müssen wir uns bei Texten im Internet damit beschäftigen, wie sie gelesen werden – eben nicht von oben nach unten. Elemente wie Zwischenzeilen oder Zitate, an denen die Augen hängen bleiben, sollten immer mitgedacht werden.
Was sind die drei goldenen Regeln fürs Texten im Internet?
Anne-Kathrin: 1. Halte dich kurz! Wenn du überlegen musst, ob du das streichen kannst, dann streiche es raus. Wem das schwerfällt, der kann sich einen sogenannten „Stehsatz für später“ anlegen – einfach alle gestrichenen Passagen dort einfügen. Am Ende vergisst man diese meistens sowieso.
2. Hast du keine Zeile, hast du keinen Text! Die Überschrift kommt beim Schreiben zuerst, nur so hast du einen roten Faden und filterst nach den wirklich wichtigen Dingen.
3. Vermeide den Nominalstil! Gerade im Politikersprech kommt der Nominalstil oft vor – Verben werden dabei zu Substantiven und enden oft auf „ung“. Dann heißt es nicht „Ich öffne die Tür“ sondern „Die Öffnung der Tür“. Wir sollten Texte immer aktiv gestalten. Mehr Verben, weniger Nomen. Helfen kann dabei, den Text einmal auf „ung“ zu durchsuchen und alle gefundenen Wörter umzuformulieren.
Du bist neu im JIP-Beirat. Wie wichtig sind Weiterbildungsprogramme dieser Art?
Anne-Kathrin: Für Angestellte in einem Medienhaus sind solche Angebote sehr hilfreich, um einmal aus dem Alltag auszubrechen. Im Tagesgeschäft haben diese meistens nicht die Zeit und Ressourcen, ein Projekt umzusetzen. Hier kann das JIP eine Riesenstütze sein. Bei Freiberufler*innen gilt das Gleiche, nur etwas anders gelagert. Sie spüren beim JIP, dass sie eben keine Einzelkämpfer*innen und alleine mit ihren Problemen sind, sondern sich vernetzen können. Für alle – egal ob angestellt oder frei – ist es wichtig, zu lernen und Fehler, die andere gemacht haben, zu vermeiden. Das alles bringt das JIP mit und macht es so wertvoll.
Worauf achtest du bei der Auswahl der Fellows am meisten?
Anne-Kathrin: Bei der Auswahl der Projekte ist es mir besonders wichtig, dass wir auch Angebote dabei haben, die sich nicht nur an Akademiker*innen richten, sondern in ihrer Einfachheit überzeugen. Menschen anzusprechen, die keinen Hochschulabschluss haben, ist für den Journalismus und damit für die Demokratie besonders wichtig. Hier müssen wir diverser werden – und darauf möchte ich beim Auswahlprozess im JIP besonders achten.