Natürlich braucht es Theorie. Beim journalistischen Weiterbildungsprogramm JIP steht aber vor allem die Praxis im Vordergrund. Dafür arbeiten die Fellows sechs Monate lang an einer konkreten Projektidee, die sich im besten Fall in der Realität umsetzen lässt. Der nächste Schritt auf diesem Weg: Am 23. Februar stellen die Fellows Prototypen ihrer Projekte vor den Coaches und Beiräten des Programms vor. Teilnehmerin Sarah Kröger ist freie Journalistin und arbeitet an einem Talk- und Gameformat, in dem echter Dialog entsteht und Lösungen für gesellschaftliche Probleme diskutiert werden. Hier berichtet sie uns von ihrem ersten Testdurchlauf vor privatem Publikum und den Erkenntnissen, die sie daraus ziehen konnte.
Der Morgen danach. Kopfschmerzen, verspannter Nacken, bleierne Müdigkeit. Dabei war ich gar nicht feiern. Aber Prototyping kann auch müde machen. Gestern habe ich mit zwei Bekannten meine Projektidee getestet. Eine Talk- und Gameshow, bei der Lösungen für gesellschaftliche Probleme diskutiert werden. Thema des ersten Abends: Auswirkungen der Pandemie auf unsere Kinder. Die Tage vorher las ich mich in das Thema ein, konzipierte Spiele, schrieb Moderationstexte. Gestern wurde es praktisch: Fotos ausdrucken, Lego aufbauen, meine Kinder den Aufbau einer Pappbecher-Pyramide testen lassen. Abends dann der Start mit Brezeln und einem Warm-up. Wahr oder falsch? Meine Gäste Alina und Janna müssen erraten, welche der drei Geschichten über die andere stimmt. Dann widmen wir uns den Auswirkungen der Pandemie. Die Becher-Pyramide bauen die beiden in der vorgegebenen Zeit einwandfrei auf. Jeder einzelne der 45 Becher ist mit einer Auswirkung beschriftet, die meisten negativ. Das Risiko für psychische Probleme steigt, Einsamkeitsgefühle und Lernrückstände werden größer. Bei uns stürzt die große Belastungspyramide nicht zusammen. In vielen Familien ist sie aber bereits zusammengebrochen. Zeit für eine kurze Diskussion darüber. Doch wir wollen heute nicht beim Problem stehen bleiben. Alina und Janna ordnen Lösungsansätze Personen zu und diskutieren sie. Sie kneten den Kinderbonus, erklären die Verdreifachung des Kinderkrankengeldes pantomimisch und bauen aus Lego ein mögliches Lösungsszenario.
Dabei wird viel gelacht, aber auch sehr betroffen diskutiert. Nach knapp zwei Stunden sind wir durch, im wahrsten Sinne des Wortes. Wir setzen uns für eine Feedbackrunde wieder hin: Was war gut, was noch ausbaufähig? Die Grundidee, sich gesellschaftlichen Herausforderungen auf spielerische Weise zu nähern, ist super und hat funktioniert, wird festgestellt. Mehr Fokus auf Lösungen wäre schön gewesen. Auch die Fragestellung hätte ich noch klarer eingrenzen können. Auf jeden Fall hat mein Talk- und Gameformat zwei Personen, die sich vorher nicht kannten, durch das gemeinsame Spielen im Team einander so nahegebracht, dass sie sich teilweise vor Lachen nur so bogen. Ein guter Start. Sobald ich wieder keine zwei Kaffee brauche, um klar denken zu können, werde ich mich an mein geliebtes Konzept setzen und es nochmal ein bisschen umschmeißen.